Wefox als Geldmaschine?
Wefox hatte es sich zum Ziel gemacht, Versicherungsmakler und Privatkunden miteinander zu verbinden und dabei möglichst alles sehr einfach zu halten. Die neueste Errungenschaft war die Wefox App, über die die einfache Verwaltung sämtlicher Versicherungsverträge per Smartphone möglich sein sollte. Dabei wurde es CEO und Gründer Julian Teicke nicht müde, stets auf die tollen Errungenschaften und den guten Stand von Wefox hinzuweisen. Rund 400 Mitarbeiter waren noch in 2020 dort beschäftigt, 42 davon waren in der Schweiz tätig. Der Umsatz für 2019 sollte sich auf rund 130 Millionen Dollar belaufen, es sollten etwa 2´000 Broker und 500´000 Kunden vorhanden sein. Leider kam zumindest die Wefox App wohl nicht ganz so gut an, denn die Bewertungen in den verschiedenen Stores zeigten sich einhellig: Schlechter Service, schlechte Erreichbarkeit und kaum mehr als das absolute Minimum bei der Betreuung. Anders neotralo mit seiner App, die die digitale Verwaltung von Versicherungsverträgen nicht nur verspricht, sondern auch hält und nun nach dem Verschwinden der Wefox App vom Markt die einzige Alternative ist. Die sich auch lohnt, doch dazu gleich mehr.
Die Wefox Group wurde im Jahr 2015 gegründet und konnte ihr jährliches Umsatzniveau ständig steigern. Sie ist mittlerweile in sechs Ländern aktiv und sammelte im März 2019 in einer B-Serie die Rekordsumme von 125 Millionen US-Dollar. Internationale Investoren wurden nicht zuletzt dadurch auf das Unternehmen aufmerksam. Vor allem das Tochterunternehmen gleichen Namens sowie die ONE Insurance waren die Zugpferde, die an der Erweiterung massgeblichen Anteil hatten. Dann kam die Konzentration auf die digitalen Vertriebskanäle, über die Makler und Kunden auf der ganzen Welt miteinander verbunden werden sollten. ONE Insurance galt schon bald als der am schnellsten wachsende Versicherungsanbieter. Selbstständige Versicherungsmakler taten sich zusammen und waren fortan bei Wefox zu finden.
Dann kam 2020 und nicht etwa die Krise wie für alle anderen, zumindest nicht für Wefox. Angeblich war das Funding für Getsafe in Höhe von 25 Millionen Euro das grösste Insurtech-Funding, doch dann kam alles anders. Wefox trat wieder einmal auf den Plan und sammelte schon im September rund 100 Millionen ein. 25 Millionen wurden als Kredit verbucht, 75 Millionen als Wandeldarlehen. Dieses Ereignis lässt den Schluss zu, dass Julian Teicke es wieder einmal geschafft hat. Er gilt stets als sehr forsch, doch aufs Funding scheint er sich zu verstehen. Er bezeichnet sich und sein Unternehmen als Unicorn, womit Unternehmen betitelt werden, die schon als Start-up mit einem Wert von rund einer Milliarde Euro eingestuft werden. In der Fintech-Branche galt dies bisher nur für N26, zumindest bei denen, die nach 2010 gelauncht wurden.
Alles schön und gut, aber …
… stimmt das alles wirklich? Selbst wenn der CEO der Wefox Group so vollmundige Verkündigungen publiziert und mit Zahlen um sich wirft, die andere Firmen vor Neid erblassen lassen, so lässt sich doch einiges davon nicht nachvollziehen. Denn: Die Zahlen mögen zwar stimmen, doch sie lassen sich nicht nachprüfen. Die zugehörigen Geschäftsberichte sind nicht öffentlich zugänglich, was eine Überprüfbarkeit unmöglich macht. Zudem mag es seltsam anmuten, dass Wefox angeblich eine neue Finanzierung mit 100 Millionen Euro auf die Beine stellt, dass darüber aber Stillschweigen bewahrt wird. Sollte man nicht stolz auf die Errungenschaft sein und diese wie andere in der Öffentlichkeit darstellen? Schon allein aus Prestigegründen ist das Verheimlichen eines solchen Fundings nicht nachvollziehbar. Ein Grund könnte laut Experten darin bestehen, dass Fremdkapital häufig als weniger gut wahrgenommen wird und sich folglich nicht so gut verkaufen lässt. Eine Kapitalerhöhung wäre die bessere Alternative, doch diese lag nun einmal nicht vor. Vielleicht aber will Wefox auch im kommenden Jahr noch einmal nachlegen und dann eine noch höhere Summe publizieren. Allerdings zeigt die Geschichte von Wefox auch, dass zwar vieles möglich ist, was sich das Unternehmen vorgenommen hat, doch nicht alles klappt. Ein Beispiel dafür ist die Expansion nach Asien, in die USA und auch nach Grossbritannien, die gefloppt ist. Ein anderes Beispiel könnte die Wefox App sein, denn wie es aussieht, ist diese von heute auf morgen in der Versenkung verschwunden.
Wo ist die Wefox App?
Die Wefox App ist plötzlich nicht mehr erreichbar und kann weder über den Google Play Store noch über den App Store von Apple abgerufen werden. Das ärgert allerdings nur die Menschen, die sich als Nutzer registrieren wollten. Weitaus stärker betroffen sind jedoch die Kunden von Wefox, die sich bisher auf den Service verlassen hatten und nun mit einer E-Mail abgespeist wurden. Darin hiess es, dass eine Umstrukturierung vorgenommen worden sei und dass die Kooperation seitens Wefox mit dem Berater ende. Ab sofort sollte der Zugriff auf die Wefox App deaktiviert sein. Nichts da, von wegen „digitale Verwaltung aller Versicherungsverträge“! Netterweise gab es noch einige Zusatzinfos, die den (jetzt ehemaligen) Nutzern der App einige Dinge erklären sollten. Dabei wurde darauf verwiesen, dass der bisherige Berater noch zur Verfügung stehe und immer noch Ansprechpartner sei. Was dabei aber verschwiegen wurde: Der Zugriff für den Berater wurde ebenfalls deaktiviert. Dieser kann nur auf vorliegende Unterlagen zugreifen, um seiner Tätigkeit als Berater überhaupt nachzukommen. Als Hilfe wird zwar seitens Wefox gesagt, dass die Kontaktdaten zum Berater, die in der Erstinformation gegeben wurden, genutzt werden könnten. Nichtsdestotrotz gibt es damit aber immer noch keinen Zugriff auf die Daten seitens des Nutzers.
Bestehende Versicherungsverträge sollen nicht aufgelöst werden, denn sie wurden nur über die App, dort aber mit realen Versicherungsgesellschaften geschlossen. Das wiederum bedeutet, dass die Kunden auch weiterhin versichert sind und dass sich an den Verträgen auch nichts ändert. Sie können diese jedoch nicht mehr einfach so verwalten. Es ist eine direkte Anfrage beim Berater nötig, der sich in absehbarer Zeit einer Flut von Anfragen gegenübersehen dürfte und schon allein aus dem Grund wohl kaum direkt erreichbar sein wird. Die Vereinfachungen, die durch die Wefox App möglich waren, sind nun zurückgenommen und deutlichen Problemen zumindest in der Umstellungszeit gewichen. Dabei stellt sich die Frage, was den eigentlich mit den in der App gespeicherten Daten passiert. Diese werden seitens Wefox für eine gewisse Zeit aufbewahrt, danach erfolgt deren Löschung.
Theoretisch ist der Kundenservice von Wefox, der einfach per E-Mail angeschrieben werden kann, noch erreichbar. Allerdings hatten Kunden schon zuvor Probleme mit der Erreichbarkeit bemängelt, daher dürfte zu erwarten sein, dass die schiere Anzahl der Anfragen die Kapazitäten der Kundenbetreuung übersteigen dürfte.
Das sagt Wefox selbst
Kürzlich schrieb Wefox seine Broker an und teilte ihnen mit, dass sämtliche Kooperationsverträge aufgelöst worden seien. Es wurde eine Umstrukturierung vorgenommen, weil eine neue strategische Ausrichtung in Planung sei. Damit wäre die operative Tätigkeit mit den Brokern nicht mehr möglich, deren Vorsorgeanträge von den Kunden könnten nun nicht mehr an Wefox übermittelt werden. Gleichzeitig wurden die Courtagen gestrichen, was bedeutet, dass keinerlei Umsatz mehr über die App möglich ist. Gleichzeitig wurde hier mitgeteilt, dass die App zum 28. Februar deaktiviert wurde und dass die Broker keinerlei Möglichkeiten mehr hätten, auf die Kundenaccounts zuzugreifen, diese zu verwalten und zu betreuen. Es wird in der Benachrichtigung so verblieben, dass Wefox auf die Broker zukommen werde, wenn neue Verträge stehen.
Für die Broker bedeutet das nun also, dass sie völlig überraschend von ihren Pflichten als Vertragspartner entbunden wurden, gleichzeitig aber auch keine Provisionen mehr kassieren werden.
Neotralo als Alternative?
Nun stehen Kunden und Broker auf der einen Seite, Wefox auf der anderen. Man ist verständlicherweise höchst verärgert über den aktuellen Zustand, da es zuvor keinerlei Hinweise auf diese Entwicklung bei Wefox gab. Ausser den kurzen Benachrichtigungen gab es keinerlei Kommunikation, alles wurde klammheimlich im Hintergrund abgewickelt. Dies ist eine Methode, auf die neotralo nicht setzt. Der bislang stärkste Konkurrent der Wefox App bietet mit seiner eigenen neotralo App eine Alternative und ein ähnliches Konzept. Mit dem Unterschied, dass hier vor allem auf Transparenz gesetzt wird. Bisher nutzen rund 250 Broker und mehr als 5´000 Kunden die App, wobei zu erwarten ist, dass deren Zahlen sprunghaft ansteigen werden. Seit der Gründung in 2019 ist neotralo langsam, aber stetig gewachsen und gehört heute zu den wenigen neutralen Vergleichsportalen der Schweiz. Mit der neotralo App geht man auch hier den Weg des digitalen Zeitalters und setzt darauf, dass die Menschen einfache Lösungen bevorzugen. Die neotralo App bietet eine Möglichkeit, die Versicherungsverträge übersichtlich auf einer Plattform zu führen und von hier aus zu verwalten. Der Vergleich von Konditionen ist ebenso möglich wie eine Beratung direkt vom fachkundigen Broker. Bei Bedarf können neue Verträge abgeschlossen oder bereits bestehende erweitert bzw. verändert und angepasst werden. Das Grundprinzip der neotralo App ist damit vergleichbar mit dem der Wefox App. Allerdings wird hier darauf gesetzt, eine zuverlässige App zu führen, die nicht von immensen Fundings abhängig ist. Lieber ein langsames, dafür ein stetiges Wachstum als die völlige Selbstüberschätzung! Entsprechend ist die neotralo App als derzeit einzige Alternative zur eigentlich als sinnvoll erachteten Wefox App im Netz zu finden.
Interessante neue Meldungen
Erst vor Kurzem wurden die wichtigsten Tops und Flops der Insurtech-Branche gekürt. Dabei wurde Wefox wieder einmal hervorgehoben, vor allem die Digitaltochter ONE wurde lobend erwähnt. Diese bietet sowohl Hausrat- und Haftpflichtversicherungen als auch Kfz-Policen an. Angeblich konnte ONE ein Wachstum von mehr als 500 Prozent verbuchen, was Oliver Lang, seines Zeichens nach CEO von ONE zu der Aussage verleitete, dass kein anderer Digitalversicherer so schnell auf eine halbe Million Verträge kam. Angeblich war man schon 2020 zum Break-even unterwegs, in 2019 betrug der Verlust lediglich zwei Millionen Euro. Man geht davon aus, dass auch 2021 gut laufen werden und dass damit im vierten Jahr in Folge die Umsatzmarke von 100 Millionen getoppt werden könne. Erst im Februar wurde die ONE Versicherung AG in die Wefox Insurance AG umbenannt und die einzelnen Geschäftseinheiten werden jetzt von Julian Teicke neu geordnet. Es ist schon eine neue Unternehmenstochter geplant, die den Namen Koble tragen wird und die Programmierschnittstellen bereitstellen soll. Die Töchter und das breit gefächerte Angebot machen Wefox zu einem der am besten bewerteten Insurtech-Unternehmen im gesamten DACH-Raum. Teicke plant jetzt sogar, demnächst an die Börse zu gehen und will sich um einen breiten Kreis an Investoren bemühen.
Wie aber passt die überraschende Einstellung der Wefox App in dieses Konzept? Ist das Digitalangebot dieser Umstellung der Marken zum Opfer gefallen? Die Verantwortlichen sprechen von einer Umstrukturierung als Grund für die Deaktivierung der App, doch wenn diese angeblich so gut lief, so stark frequentiert war und so vielen Menschen den Versicherungsalltag erleichtern konnte, warum dann dieser Weg? Hier stellt sich zumindest die Frage, warum man nicht vorher mit den Kunden kommunizieren und diese auf den anstehenden Weg einschwören konnte. Warum wurden sie völlig überrascht und müssen ihre wohlgeordneten Versicherungsverträge nun wieder selbst koordinieren bzw. sich an den Broker wenden, der angesichts der Situation hoffnungslos überfordert sein dürfte? Fragen über Fragen, die hoffentlich demnächst von den Verantwortlichen beantwortet werden.
Fazit: Wefox könnte nicht ganz so erfolgreich sein wie dargestellt
Sicherlich ist es spekulativ, zu behaupten, Wefox hätte sich mit seinen Angeboten übernommen und ein wenig zu grossspurig von seinen Erfolgen berichtet. Was genau hinter der plötzlichen Deaktivierung des App-Angebots steckt, ist (noch) nicht bekannt. In jedem Fall kam es für alle Beteiligten überraschend und diese fühlen sich verständlicherweise überrumpelt und im Stich gelassen. Bleibt als derzeit einzige Alternative noch das bisherige Konkurrenzangebot der neotralo App, die auf Transparenz und Kommunikation statt auf grosse Worte und versteckten Taten setzt.