Der Wille ist da, Taten folgen nicht
Das Beratungsunternehmen Accenture liess im März 2021 1052 Schweizer befragen und wollte herausfinden, wie viele Menschen sich aktuell vorstellen könnten, ihre Krankenversicherung zu wechseln. Die Befragten stammten aus allen Altersgruppen und sprachlichen Regionen der Schweiz. Zwei von drei befragten Menschen können sich laut eigener Aussage vorstellen, die Krankenversicherung zu wechseln. Sie würden sogar eine Trennung von Kranken- und Zusatzversicherung erwägen und somit bei verschiedenen Anbietern versichert sein. Ein Viertel der Befragten war diesen Schritt zuvor tatsächlich bereits gegangen und hatte die Trennung der beiden Versicherungsarten durchgeführt. Somit ist es nicht mehr allgemein üblich, sowohl die Grund- als auch die Zusatzversicherung bei demselben Anbieter zum führen.
Danach gefragt, woher die jeweilige Empfehlung für die aktuelle Krankenversicherung stamme, sagten 43 Prozent der Befragten aus, dass sie die Empfehlung durch Familie und Bekannte erhalten hätten. Nur 15,9 Prozent wechseln demnach entsprechend den Empfehlungen durch ein Preisvergleichsportal, noch weniger sind es, die wegen der Empfehlungen durch den Versicherungsberater oder durch den Arbeitgeber sowie aufgrund von Werbung zu einer bestimmten Krankenversicherung gewechselt hatten. Die Wechsel selbst erfolgten auffällig häufig zur Helsana sowie zur CSS, die von 47 Prozent derjenigen, die zum 1. Januar 2021 gewechselt hatten, gewählt worden waren.
Nur 6,8 Prozent der Befragten hatten einen Wechsel tatsächlich vorgenommen. Die meisten Menschen würden somit gern wechseln, scheuen aber den Aufwand, der damit verbunden ist. Vielleicht sind es auch verpasste Fristen oder eine gewisse Bequemlichkeit. Welche Gründe genau für die niedrigen Zahlen an Wechseln verantwortlich sind, konnte im Zuge der Umfrage nicht beantwortet werden.
Versicherer nutzen Potenzial nicht
Experten gehen davon aus, dass die Krankenversicherer das vorhandene Wechselpotenzial nicht nutzen. Hier ist vor allem der Vertrieb gefragt, der erkennen muss, welche Kunden wechseln wollen. Diese müssen ein exakt auf sie zugeschnittenes Produkt geboten bekommen, um den Wechsel nicht vorzunehmen. Angesichts der niedrigen Wechselzahlen kann es allerdings sein, dass die Versicherer den höheren Aufwand scheuen, weil ohnehin nicht so viele Versicherte zu anderen Anbietern wechseln. Dennoch sollte die grosse Aufgabe für den Vertrieb darin bestehen, bessere Analysen zu betreiben, um wechselwillige Kunden zu finden. Denn irgendwann wird sich auch eine geringe Fluktuation bemerkbar machen!
Erkennbar war anhand der Umfragen, dass es vor allem die finanzielle Seite war, die den Ausschlag zum Wechseln gab. Rund 67 Prozent der Befragten gab an, dass ein gestiegener Preis für das gewählte Versicherungsprodukt der wichtigste Grund für den Wechselwunsch war. Nur bei 18 Prozent hingegen lag dies am Produkt selbst oder an dem gebotenen Service, der als unzureichend eingestuft wurde. Wer wechseln möchte, verlässt sich dann meist auf die Empfehlungen von Verwandten und Freunden. Es geht also nicht um die Aussagen der Werbung, sondern es wird tatsächlichen Erfahrungen von bekannten Personen aus dem eigenen Umfeld Glauben geschenkt.
Fazit: Wo ein Wille, da kein Wechsel?
Auch wenn eine grosse Anzahl an Befragten in dieser Studie angab, dass der Wunsch nach einem Wechsel des Krankenversicherers bestünde, so nehmen diesen Wechsel doch nicht einmal zehn Prozent der Menschen vor. Die Befragten stehen dabei repräsentativ für die gesamten Schweizer, bei denen davon auszugehen ist, dass die Sachlage in Bezug auf den Wechsel ähnlich ist. Die wenigen Versicherten, die tatsächlich wechseln, sind vor allem aufgrund der preislichen Entwicklung der Versicherungsprämien zu einem anderen Versicherungsanbieter gewechselt. Hier gilt es daher für den Anbieter, anhand von Analysen zuverlässige Aussagen über Möglichkeiten, die Versicherten zu binden, zu treffen.