Angeordnete Quarantäne: Zahlt die Reiseversicherung?

Derzeit eine häufig gestellte Frage: Wenn das Gesundheitsamt die Quarantäne anordnet – zahlt dann die Reiseversicherung? Viele Versicherer stellen sich quer, wie auch im Fall einer Studentin, deren Versicherung ERV nicht zahlen wollte.

Reiseversicherung greift nur im Krankheitsfall?

Eine Studentin aus Bern wollte Ende Juli 2020 in den Urlaub nach Österreich reisen. Einen Tag vor der Abreise wurde sie aber von der Kantonsärztin in Zwangsquarantäne geschickt. Der Grund: Eine Person in einem Club, in dem auch die Studentin zu Gast gewesen war, war positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Nun musste die junge Frau die Reise absagen, auch eine ihrer Reisebegleiterinnen durfte nicht fahren.

Die Studentin wendete sich an ihre Reiseversicherung, die ERV. Diese sicherte ihr am Telefon eine Kostenerstattung zu. Schriftlich jedoch wurde die Frage abgewehrt, eine solche Situation wie die Zwangsquarantäne sei nicht versichert. Dabei wies die ERV darauf hin, dass sie die entsprechende Regelung in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen deutlich gemacht habe, denn hier hiess es, dass nur der Versicherte Leistungen beanspruchen könne, der aufgrund einer festgestellten Krankheit unter Quarantäne gestellt worden war. 

Die betreffende Studentin jedoch war nicht positiv getestet worden, es handelte sich bei der Quarantäne lediglich um eine Vorsichtsmassnahme.

Andere Versicherungen sind kulanter

Andere Versicherungen zeigten sich auf Nachfrage des SRF-Konsumentenmagazins „Espresso“ deutlich kulanter und wiesen darauf hin, dass ein solcher Fall der angeordneten Quarantäne bei ihnen versichert gewesen wäre. Befragt wurden dazu AXA, die Mobiliar, TCS und Zürich Versicherung. Voraussetzung sei aber, dass sich die Quarantäne belegen liesse, was jedoch durch die Anordnung des Gesundheitsamtes möglich sein sollte. 

Ausserdem hätte der Kunde die Versicherung noch vor dem ersten Lockdown abschliessen müssen, bis Anfang März wäre dazu Zeit gewesen.
Die Studentin zeigte sich darüber freilich enttäuscht, hilft es ihr doch nicht, wenn andere Reiseversicherungen kulanter sind und in Leistung gegangen wären. Der Sinn einer Reiserversicherung erschloss sich ihr auf Nachfragen nicht. Doch das Konsumentenmagazin erwies sich als überaus hilfreich und hakte bei der ERV nach.

Versicherung gibt unter Druck nach

Auch wenn die ERV der Studentin eine schriftliche Absage bezüglich der Leistungsanfrage erteilt hatte, zeigte sie sich dann doch verständnisvoll und gab nach. Die Versicherung äusserte sich dahin gehend, dass sie wüsste, dass in der aktuellen Situation vermehrt Massnahmen zur Zwangsquarantäne am Wohnort der Studentin verordnet worden waren und dass das auch künftig zu erwarten sei. 

Man habe sich der neuen Situation angenommen und natürlich ganz im Sinne der Kunden entschieden, die Versicherungsleistungen zu erbringen. Bezogen war die Aussage allerdings nur auf die Quarantäne wegen des Coronavirus. Das könnte bedeuten, dass die Kulanz der Reiseversicherung bei anderen Viren nicht gleichermassen gilt, wobei die Gefahr, wegen einer anderen Erkrankung in zwangsweise Quarantäne gesteckt zu werden, deutlich geringer ist.

Die ERV übernahm nun in der Folge die Kosten, die für die Annullierung der Reise anfielen, und bezog bei diesen Leistungen auch die Anfrage der Studentin aus Bern mit ein. Die ERV ging sogar soweit, dass sie das Abschlussdatum der Versicherung nicht als massgeblich ansah, sondern meinte, es spiele keine Rolle, ob die Versicherung vor dem ersten Lockdown oder erst später abgeschlossen worden sei. Entscheidend sei lediglich, dass die Quarantäneverordnung nicht zum Zeitpunkt des Abschlusses der Versicherung vorgelegen habe.

Fazit: Reiseversicherung zahlt auch bei angeordneter Quarantäne

Die Reiseversicherung zahlt immer dann, wenn die Ursache, dass eine Reise nicht angetreten werden kann, in der Person des Reisenden liegt. Erkrankt dieser und kann seine Reise nicht antreten, zahlt die Versicherung die Reisegebühren bzw. eventuelle Stornokosten. In der derzeitigen Corona-Situation gilt aber auch, dass die meisten Reiseversicherungen bei angeordneter Quarantäne zahlen, ohne dass die betreffende Person nachweislich erkrankt ist. Ein positives Testergebnis ist damit nicht verpflichtend.


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