Neuer Hausarzt oder mehr bezahlen?
Immer wieder trifft es Versicherte: Sie bekommen plötzlich Post von ihrer Krankenversicherung und darin mitgeteilt, dass sie sich einen anderen Hausarzt suchen müssen. Der bisher gewählte Arzt ist plötzlich nicht mehr im Hausarztmodell zu finden. Eine Alternative dazu besteht darin, höhere Prämien zu zahlen, wobei diese 13 Prozent und mehr betragen können. Wenn es sich dann nicht nur um einen Versicherten, sondern um Paar oder gar eine ganze Familie handelt, geht die Änderung ins Geld.
Viele Versicherte wollen dann lieber die Krankenversicherung wechseln, weil sie bei ihrem Arzt bleiben und dennoch die Vorzüge des Hausarztmodells nutzen wollen. Das wiederum wollen die Krankenversicherungen verhindern und entlassen ihre Mitglieder nicht. Sie bieten ihnen vielleicht an, in das Telefonmodell zu wechseln und danach muss die höhere Prämie gezahlt werden. Ein Wechsel der Krankenkasse wird erst erlaubt, wenn das Versicherungsjahr zu Ende ist. Die Versicherung schliesst somit eine ausserordentliche Kündigung aus und beharrt auf der ordentlichen Beendigung des Versicherungsvertrags. Sehr ärgerlich für alle Versicherten, die bis dahin mehr Geld bezahlen müssen.
Kassenwechsel rechtmässig verhindert?
Da stellt sich die Frage, ob das Verhindern einer ausserordentlichen Kündigung überhaupt rechtmässig ist. Immerhin ändert sich die Leistung der Krankenversicherung und dann sollte doch dem Versicherten ein Kündigungsrecht zugestanden werden! Weit gefehlt, denn im Kleingedruckten stehen die entsprechenden Bedingungen. Diese besagen, dass die Versicherten mit der Wahl des Hausarztmodells auch mit den geltenden Versicherungsbedingungen einverstanden sind und diese wiederum beinhalten die Verweigerung des ausserordentlichen Kündigungsrechts, weil ein Arzt aus dem Hausarztmodell ausgeschieden ist.
Die Kassen argumentieren, dass es immer wieder Änderungen gäbe und dass Ärzte ihre Praxis aufgeben oder auch in Pension gehen könnten. Vielleicht hat sich der Arzt auch nicht an die geltenden Richtlinien zur Behandlungsqualität gehalten und muss daher von der Hausarztliste gestrichen werden. Wenn dann jedes Mal die Versicherten kündigen würde, wäre das nicht nur finanziell eine Katastrophe für die Versicherung, sondern auch bezogen auf den verwalterischen Aufwand.
Ein häufiger Grund, warum Hausärzte von der jeweiligen Liste der Krankenversicherung verschwinden, betrifft die abrechneten Kosten. In den Augen der Versicherung verursacht der Arzt überhöhte Kosten, die durch die Krankenversicherung getragen werden müssen. Der Krankenkassenverband Santésuisse prüft vorsichtshalber jährlich, ob die Ärzte nicht zu viel abrechnen. Wer dabei auffällig wird, muss sich erklären, im schlimmsten Fall kann sogar ein Gerichtsverfahren wegen dieser Kosten anstehen. Für die Versicherungen gibt es hingegen kein Muss, sie können selbst aussuchen, wen sie auf die Liste ihrer Hausärzte setzen. Dies wiederum birgt für die Versicherten ein gewisses Risiko, wie auch Morena Hostettler Socha weiss, ihres Zeichens nach Ombudsfrau Krankenversicherung. Wird ein Arzt von der Hausarztliste gestrichen, müssen die betreffenden Versicherten in die Standard-Grundversicherung wechseln, bei der sie die freie Arztwahl haben. Das klingt zwar gut, doch die dabei entstehenden Kosten sind so hoch, dass sich der Wechsel zu einer anderen Krankenversicherung spätestens zum Ablauf des Versicherungsjahres lohnt.
Fazit: Kein Recht auf ausserordentliche Kündigung bei Ausschluss des Hausarztes
Wird der bisherige Hausarzt durch die Krankenversicherung von der Liste der Hausärzte gestrichen, ist das schlecht für die Versicherten. Sie müssen in den teureren Grundtarif wechseln und haben bis zum Ende des Versicherungsjahres keine Möglichkeit, aus der Versicherung in eine andere zu wechseln. Dafür müssen sie aber mehr bezahlen, denn der Grundtarif ist in der Regel deutlich teurer als das Hausarztmodell. Für Familien wird diese Änderung teuer, eine rechtliche Handhabe dagegen haben sie nicht.